Marktsegmentierung – so schälst du deine Kund:innen aus dem Gesamtmarkt
Aus diesem Grund solltest Du dein Marketing nicht starr auf den Gesamtmarkt ausrichten, sondern individuelle Maßnahmen für individuelle Kundengruppen treffen. Die Marktsegmentierung hilft dir dabei, indem innerhalb des Gesamtmarkts Teilgruppen identifiziert werden, die Du mit deinem Marketing gezielt ansprechen kannst.
Was ist Marktsegmentierung – und wie unterscheidet sie sich von Kundensegmentierung?
Bei der Marktsegmentierung geht es darum, den gesamten heterogenen Markt in homogene Teilgruppen aufzugliedern, die anschließend gezielt bearbeitet werden können. Die Segmente können dabei nach unterschiedlichen Kriterien gebildet werden, sollten jedoch immer so gestaltet sein, dass die Kund:innen innerhalb eines Segments vergleichbare Reaktionen auf Marketingmaßnahmen zeigen.
Die wissenschaftliche Definition der Marktsegmentierung stammt von Hermann Freter:
„Unter Marktsegmentierung wird […] die Aufteilung eines Gesamtmarktes in bezüglich ihrer Marktreaktion intern homogene untereinander heterogene Teilsegmente sowie die Bearbeitung eines oder mehrerer dieser Marktsegmente verstanden.“ (Quelle: Markt- und Kundensegmentierung: Kundenorientierte Markterfassung und -bearbeitung, Kohlhammer, 2008)
Wie die Markt- dient auch die Kundensegmentierung der Einteilung von Kundengruppen. Der Unterschied liegt darin begründet, dass die Kundensegmentierung nur den eigenen Kundenstamm als Basis verwendet, während die Marktsegmentierung den gesamten Markt, also aktuelle sowie potenzielle Kunden betrachtet. Somit hilft die Kundensegmentierung dabei, besonders umsatzstarke Kund:innen zu identifizierten, während die Marktsegmentierung darüber hinaus geht.
Warum Marktsegmentierung? – Diese Einblicke und Potenziale ermöglicht sie Dir
Eine Marktsegmentierung erfüllt verschiedene Zwecke und kann dir verschiedene Informationen liefern, die dir bei der Ausrichtung deiner Marketingstrategie, aber auch der Optimierung deiner Produkte und Leistungen hilft.
Folgende Funktionen der Marktsegmentierung unterstützen dich dabei:
- Eingrenzung des relevanten Marktes für Produkte und Leistungen
- Marktaufteilung des heterogenen Gesamtmarktes in homogene Segmente
- Identifizieren von möglicherweise vernachlässigten Teilmärkten
- Evaluation von Potenzialen der Teilmärkte
- Bestimmung der eigenen Marktposition in Relation zu Wettbewerbern
- Prognostizieren von zukünftigen Entwicklungen
- Individuelle Marktbearbeitung sorgt für besseren Zugang zu den Zielgruppen
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marktsegmentierung
Um eine ergiebige Segmentierung vorzunehmen, sollten bestimmte Anforderungen erfüllt sein. Diese sorgen einerseits dafür, dass die Ergebnisse verwertbar sind, stellen aber auch sicher, dass die Marktsegmentierung am Ende nicht mehr kostet, als sie einbringt. Die folgenden Basics solltest Du sicherstellen, bevor es an die Segmentierung geht:
- Der Gesamtmarkt besitzt ein heterogenes Nachfrageverhalten
- Relevanz für das Kaufverhalten – die Segmentierungsmerkmale sollten so gewählt sein, dass sie Unterschiede im Kaufverhalten deiner Kund:innen und ihrer Reaktion auf Marketingmaßnahmen abbilden.
- Messbarkeit – Die Kriterien müssen messbar bzw. erfassbar sein. Dazu dienen in der Regel gängige Methoden aus der Marktforschung. Bei manchen Arten der Segmentierung ist dies mitunter herausfordernder, da sich etwa persönliche Einstellungen und Motive nicht so leicht messen lassen.
- Erreichbarkeit – Das Erfassen von Daten und Informationen für die Segmentierung sollte ohne großen Aufwand möglich sein, da sich die Marktsegmentierung sonst nicht rechnet. Um kosteneffizient an Daten zu gelangen, empfehlen sich bestehende Ressourcen wie etwa (Online-) Zeitschriften und Kataloge. Auch themenspezifische Chatgruppen erleichtern dir den Austausch und die Informationsbeschaffung.
- Profitabilität – Die Segmentierungskriterien und die daraus resultierenden Teilgruppen sollten so beschaffen sein, dass es sich finanziell lohnt, diese Zielmärkte marketingtechnisch zu bearbeiten. Ist das Beschaffen von Informationen zu einer bestimmten Zielgruppe sehr teuer oder setzen sich die Segmente aus zu kleinen und unprofitablen Zielgruppen zusammen, ist eine Segmentierung in diesem Feld nicht sinnvoll. Am Ende der Segmentierung solltest Du Zielsegmente identifiziert haben, für Du spezifisch werben kannst und die sich dein Produkt auch leisten können. Die einzelnen Segmente sollten ein ausreichendes Absatzvolumen besitzen.
- Stabilität – Eine Marktsegmentierung ist ein grundlegendes Vorgehen, auf dem deine spätere Marketingarbeit aufbaut. Deshalb sollten deine Teilmärkte auch über einen längeren Zeitraum stabil sein und keinen kurzfristigen Schwankungen unterliegen. Die Messkriterien sollten also auch über einen längeren Zeitraum ihre Aussagekraft behalten.
- Bezug zu Marketingmaßnahmen – die Kriterien deiner Marktsegmentierung sollten einen Bezug zu deinen Marketinginstrumenten haben.
Welche Kriterien Du für deine Marktsegmentierung nutzen kannst
Grundsätzlich solltest Du beachten, dass die Wahl der „richtigen“ Kriterien immer von deiner individuellen Situation abhängt. Deshalb lässt sich die Frage nach den passenden Merkmalen nicht pauschal beantworten. Die folgende Übersicht zeigt dir die verschiedenen möglichen Kriterien mit ihren Vorteilen. Schäle damit die idealen Kunden und Kundinnen aus dem gesamten Markt. Dies hilft dir dabei, eine passende Segmentierungsstrategie zu finden, um Typen von Kund:innen und Konsumenten oder Käufergruppen zu identifizieren:
- Soziodemografische Merkmale – diese Kriterien sind die „Klassiker“ unter den Segmentierungskriterien. Zu ihnen gehören etwa Geschlecht, Alter, Familienstand oder Beruf. Diese Merkmale lassen sich einfach erheben und sind deswegen ein guter Zugangspunkt für eine Marktsegmentierung. Allerdings kann es passieren, dass es am Ende zwischen den Segmenten keine wirklich verhaltensbedingten Unterschiede gibt.
- Geografische Kriterien – hier wird nach Regionen unterschieden, da sich Faktoren wie Bevölkerungsdichte und Konsumverhalten ebenso regional unterscheiden können wie kulturelle Einflüsse. Die geografischen Kriterien können in makrogeografische Merkmale wie Bundesländer oder Städte sowie in mikrogeografische wie etwa Stadtteile unterschieden werden.
Ein Beispiel für eine bekannte geografische Marktsegmentierung ist die Aufteilung von Deutschland und Österreich in sogenannte Nielsengebiete. Diese wurde in den 1950er-Jahren vom Marktforschungsunternehmen ACNielsen eingeführt und findet auch heute noch durch verschiedenste Unternehmen Verwendung. Beispielsweise geben viele Zeitungen die Höhe ihrer Auflage in den verschiedenen Gebieten an, um die Anzeigenschaltung zu vereinfachen. Die Aufteilung von Deutschland sieht wie folgt aus:- Nielsen I: Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen
- Nielsen II: Nordrhein-Westfalen
- Nielsen IIIa: Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland
- Nielsen IIIb: Baden Württemberg
- Nielsen 4: Bayern
- Nielsen 5 + 6: Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt
- Nielsen 7: Thüringen, Sachsen
- Psychografische (oder psychographische) Merkmale – dazu zählen allgemeine Persönlichkeitsmerkmale wie der Lebensstil, Interessen, Einstellungen und Aktivitäten. Außerdem gehören produktspezifische Kriterien wie Kaufabsichten und Nutzenvorstellungen dazu.
- Verhaltensorientierte Merkmale – im Gegensatz zu den anderen Gesichtspunkten sind sie keine Bestimmungsfaktoren für das Kaufverhalten, sondern das Resultat von Kaufentscheidungen. Somit sind sie nicht nur ein Segmentierungskriterium, sondern auch ein Indikator für den Einfluss der anderen Faktoren. Zu den verhaltensorientierten Merkmalen zählen etwa Markenwahl, Kaufvolumen. Die Wahl der Einkaufsstätte sowie die Mediennutzung.
Diese Segmentierungskriterien gelten speziell für B2B
Für den B2B-Bereich lassen sich ebenfalls Marktsegmente bestimmen. Hierbei solltest Du zweistufig vorgehen, indem Du zuerst die Märkte auf der Makroebene segmentierst und dir etwa Merkmale auf internationaler Ebene anschaust. Im zweiten Schritt geht es um Mikrosegmentierung, bei der Du dich auf die Personenebene begibst und etwa Ansprechpartner segmentierst.
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Folgende Segmentierungskriterien gibt es auf der Makroebene im B2B-Marketing:
Ländermarktkriterien – dazu zählen Merkmale, die vom Land abhängen, in dem sich das betreffende Unternehmen befindet. Mit ihnen können Länderportfolios für die internationale Marktbearbeitung erstellt werden. Zu ihnen gehören etwa:
- Wirtschaftspolitik
- Kaufkraft
- Klima
- Kultur der Industrie
- Technischer Entwicklungsstand
- Gesetzliche Rahmenbedingungen
- Infrastruktur
- Wettbewerbssituation
Organisationsdemografische Faktoren – in diese Kategorie fallen alle Einflüsse, die unternehmensspezifisch sind. Das können zum Beispiel folgende sein:
- Rechtsform und daraus resultierende Rahmenbedingungen
- Betriebsform
- Standort des Unternehmens
- Anzahl der Mitarbeiter
- Branche
- Umsatz
- Innovationsgrad
- Alter
- Größe
Nachfragebezogene Segmentierungskriterien – hier geht es um Faktoren, die bei Geschäftsbeziehungen mit dem entsprechenden Unternehmen eine Rolle spielen. Das sind etwa:
- Geschäftsart (Endkundengeschäft, OEM-Geschäft, Komponenten- oder Systemlieferung)
- Beschaffungssituation – ist es ein Erstkauf oder ein Wiederholungskauf?
- Phase im Beschaffungsprozess der (potenziellen) Kund:innen
- Qualitätsansprüche
- Mögliche Gewinnspannen
- Zahlungsverhalten und Bonität
- Bestellmengen
- Bestellhäufigkeit
- Lieferfristen
- Bestellstrategien des Kunden – handelt es sich um Single-Sourcing oder Multiple Sourcing?
Auf der Mikroebene im B2B-Marketing sind folgende segmentspezifische Kriterien zu finden:
Individuelle Kriterien – hierzu zählen Merkmale, die von den Entscheidungsträgern des betrachteten Unternehmens abhängen. Dazu gehören:
- Fachliche Kompetenz
- Wissensstand
- Entscheidungsverhalten
- Risikoverhalten
- Motivation
- Einstellung
- Funktion und Position im Unternehmen
- Ausbildung
Buying-Center-Faktoren – hier geht es um die Strukturen innerhalb des Buying-Centers. Folgende Punkte können betrachtet werden:
- Größe und Zusammensetzung des Buying-Centers
- Ablauf von Entscheidungsprozessen
- Beziehungen und Hierarchien
- Rollen
Wie viele Segmente sind sinnvoll?
Willst Du herausfinden, welche Anzahl an Segmenten für dich optimal ist, solltest Du zunächst die beiden Extreme betrachten. Keine Segmentierung würde bedeuten, dass der gesamte Markt auf die gleiche Weise bearbeitet werden müsste. Auf der anderen Seite würde die maximale Segmentierung zur Folge haben, dass jeder einzelne Kunde bzw. Kundin individuell betrachtet und umworben werden würde.
Um den Sweetspot, also den effizienten Bereich zu finden, betrachten wir die Graphen für die Segmentierungskosten sowie für den Segmentierungserlös mit zunehmender Segmentanzahl. Der Punkt, an dem die beiden Kurven am weitesten voneinander entfernt sind, stellt den Punkt mit der optimalen Segmentanzahl dar.
Fazit
Die Marktsegmentierung ist ein wichtiges Instrument, das die Grundlage für deine Marketingmaßnahmen bildet. Mit ihrer Hilfe erkennst du, welche verschiedenen Zielgruppen es in deinem Markt gibt, wie lukrativ sie sind und wie sie sich hinsichtlich ihrer Reaktionen auf Marketingmaßnahmen unterscheiden.
Bei der Durchführung der Segmentierung solltest Du im Hinterkopf behalten, dass sie eine Art Grundsatzentscheidung darstellt, weshalb Du Kriterien wählen solltest, die auch auf längere Sicht stabil und aussagekräftig bleiben. Auch sollte die Segmentierung selbst nicht mehr kosten, als sie einbringt.
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