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Silodenken: Das Abteilungs-Dilemma in Unternehmen

André Wehr
Wir gegen die anderen – diese Mentalität ist beim Silodenken weit verbreitet. Denn bei diesem Phänomen gibt es keine unternehmensweite Zusammenarbeit. Hier ein paar Gründe, warum du kein Einzelgänger sein solltest!

Stattdessen schafft jede Abteilung für sich, gedanklicher Austausch zwischen verschiedenen Teams findet kaum statt. Allerdings kann ein solches Isolationsdenken dem Erfolg eines Unternehmens erheblich im Weg stehen.

Das ist es, was uns bei tractionwise hin und wieder mit unseren Kund:innen begegnet, wofür wir Lösungen erarbeiten, um das Silodenken zu überwinden.

Silodenken - ein kurzer Überblick

Inhaltsverzeichnis

Was bedeutet Silodenken überhaupt?

Das Silodenken beschreibt eine bestimmte Mentalität, die in Unternehmen herrschen kann. Dabei fokussiert sich jede Abteilung nur auf das eigene Tun – andere Bereiche werden dabei oft als irrelevant oder inkompetent abgetan.

Im Prinzip lässt sich sagen: Silodenken ist das Gegenteil einer kollaborativen Zusammenarbeit im ganzen Unternehmen. Das Bereichsdenken hemmt durch die Abschottung die gemeinschaftliche Suche nach den besten Lösungen. Auch die Kommunikation und das unternehmerische Klima leiden unter dieser Form des Arbeitens – denn die eine Abteilung möchte schlicht und ergreifend nichts mit der anderen zu tun haben.

An diesen typischen Sätzen kannst Du Silodenken erkennen:

  • „Dafür sind wir nicht zuständig.“
  • „Das macht bei uns der Vertrieb, das Marketing hat damit nichts zu tun.“
  • „Wir können nicht weiterarbeiten, weil die andere Abteilung ihre Probleme nicht gelöst bekommt.“
  • „Abteilungen A und B haben bei uns grundsätzlich nichts miteinander zu tun.“

Interessant zu wissen:
Dabei handelt es sich um ein allgemeines gruppenpsychologisches Phänomen, das auch außerhalb des Business-Kontexts zu beobachten ist. Die eigene Gruppe (ingroup) – in diesem Fall die eigene Abteilung – wird als zusammengehörige Einheit erlebt und positiv wahrgenommen.

Die andere Gruppe (outgroup) – also andere Unternehmensbereiche – ist nicht Teil des „Wir-Gefühls“. Nicht selten kommt es daher zur Abwertung der Fremdgruppe. „Die haben ja eh keine Ahnung!“ – ist ein klassischer Satz, der oft fällt, wenn über andere Abteilungen geredet wird.

Silodenken: Diese Ursachen stecken dahinter

Silos bilden sich in einem Unternehmen nicht plötzlich. Vielmehr handelt es sich um einen Prozess, der eine Organisation schleichend ergreift. Gab es einmal Probleme bei der Zusammenarbeit verschiedener Teams, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich zukünftig noch einmal zusammenschließen werden. Aber auch andere Ursachen können das Arbeiten in Silos begünstigen.

Oft stimmen die Firmen- und Abteilungsziele schlicht und ergreifend nicht überein. Das Unternehmen peilt beispielsweise einen Sparkurs an, um eingefahrene Verluste auszugleichen. Doch die Marketing-Abteilung hat sich zum Ziel gesetzt, die Kampagne groß aufzuziehen, um wieder mehr Produkte zu verkaufen. Findet zwischen den beiden Parteien nun keine transparente Kommunikation statt, passiert es schnell, dass verschiedene Bereiche aneinander vorbei arbeiten.

Ebenso kann eine zu tiefe Spezialisierung in Silos resultieren. Sind die Abteilungsgrenzen strikt nach fachlichem Know-how gezogen, fehlt der Blick auf die Probleme und Möglichkeiten anderer Fachrichtungen. Was auf der Ebene des Vertriebs wie eine gute Idee erscheint, ist in der Praxis von der Produktion möglicherweise nicht umzusetzen.

Zudem herrscht in vielen Unternehmen ein Konkurrenzdenken. Ressourcen und Budgets können in der Regel nicht allen Abteilungen im selben Maß zugesprochen werden – also kämpft man für das eigene Silo, bevor ein anderer Bereich etwas wegschnappt.

Das Gegenteil des Teamspirits: Denken im Silo gegen Innovationen

Das Arbeiten in getrennten Silos bleibt nicht ohne Folge für das Unternehmen. Oft verschlechtert sich das Betriebsklima. Die einzelnen Teams isolieren sich, es herrscht Konkurrenzkampf. Neid und Missgunst breiten sich nicht selten aus. Die Folge: Mangelhafte Kommunikation und ineffizientes Arbeiten.

Auf diese Weise behindern die Silos auch Innovationen. Denn oft ist interdisziplinäres Zusammenarbeiten gefragt, um Neuerungen hervorzubringen. Doch beim Silodenken ist das Not-invented-here-Phänomen zu beobachten. Das bedeutet, dass eine Idee als wertlos betrachtet wird, sobald sie nicht vom eigenen Team stammt. Das Abteilungsdenken führt also dazu, dass Innovationspotenziale wegen Schnittstellenproblemen nicht vollständig ausgeschöpft werden.

Damit ist das Silodenken vor allem auch teuer und zeitintensiv. Denn durch das Abschotten dauern Prozesse länger, eine gewinnbringende Kooperation ist nicht möglich. Viele Bereiche planen mit unvollständigen Informationen und müssen Arbeitsschritte teilweise mehrfach wiederholen. Die Organisation von Projekten geht nur schleppend voran – effizientes Arbeiten geht anders.

Silodenken aufbrechen: So ermöglichst Du abteilungsübergreifendes Arbeiten

Die Abteilungs-Silos behindern also den Erfolg eines Unternehmens. Doch wie schaffst Du es nun, die bestehenden Silo-Strukturen aufzulösen? Dabei handelt es sich um einen Umstrukturierungsprozess, der Zeit braucht. Festgefahrene Verhaltensmuster lassen sich nicht über Nacht aufbrechen. Dennoch kann die Führung einige organisatorische Veränderungen einleiten, die schlussendlich eine innovative Zusammenarbeit ganz ohne Silos ermöglicht.

Überblick über aktuelle Situation verschaffen und Ziele festlegen
Zunächst einmal ist es wichtig, den Blick auf die aktuelle Situation zu lenken. Stelle dazu die folgenden Fragen:

  • Wie ist unsere Organisation aktuell aufgebaut?
  • Welche Abteilungen arbeiten zusammen, welche nicht?
  • Welche Barrieren für eine zielführende Zusammenarbeit gibt es?
  • Welche Kommunikationsmuster erschweren die Kooperation?

Essenziell ist dabei, dass es nicht darum geht, anschuldigend auf einzelne Mitarbeiter oder Teams zu zeigen. Das Ziel ist es vielmehr, ein umfassendes Bild des aktuellen Stands zu erhalten, um anschließend passende Maßnahmen auszuwählen.

Danach sollten abteilungsübergreifende Ziele festgelegt werden. Dabei lässt sich auch der Nutzen für die verschiedenen Akteure herausarbeiten. So steigen die Motivation und die Bereitschaft, das gemeinschaftliche Ziel zu erreichen.

Sind diese Grundlagen abgesteckt, geht es nun um spezifische Maßnahmen, die dabei helfen, das Silodenken aufzubrechen. An den Interventionen sollten möglichst viele Mitarbeiter teilnehmen, damit das Umdenken bei allen Beteiligten beginnen kann.

Interdisziplinäre Teams als Schlüssel zu Innovationen

Das Zusammenstellen von interdisziplinären Teams ist eine gute Grundlage, um Abteilungsgrenzen zu verwischen. Hierbei kommen Mitarbeiter aus verschiedensten Bereichen zusammen, um sich gemeinsam einem Projekt anzunehmen.

Dabei bringt jeder eine andere Expertise und einen eigenen Blick auf gewisse Problematiken mit. Kommunikation und Wissensaustausch ist unverzichtbar, um die beste Lösung zu finden. Das Ziel ist es, dass die Mitarbeiter lernen, sich auch in die Perspektive von anderen Fachrichtungen versetzen zu können. Denn wer die Bedenken und Ziele der anderen wirklich versteht, wird diese auch bei zukünftigen Entscheidungen berücksichtigen.

Konfliktmanagement: Auseinandersetzungen durch eine Mediation beenden

Schwieriger wird es, wenn das Silodenken zu tiefergehenden Konflikten zwischen den Abteilungen führt. Steht man sich einmal mit Abneigung gegenüber, ist kooperatives Zusammenarbeiten gar nicht so einfach. Um die Kollegen wieder zusammen zu bringen, ist deshalb eine Konfliktmanagementstrategie gefragt.

Eine Möglichkeit wäre beispielsweise eine geführte Mediation. Hierbei kommen die Konfliktparteien und ein neutraler Mediator zusammen. Die Mitarbeiter suchen dabei selbst nach einer Lösung für ihren Konflikt – der Mediator greift nur ein, wenn er dadurch das Gegenseitige Verständnis stärken kann.

 

Ein Fallbeispiel:
Frau Müller trifft in der Marketing-Abteilung eine Entscheidung, die sie für die beste für das Unternehmen hält. Allerdings fehlen ihr wichtige Informationen, sodass ihre Entscheidung einige Probleme nach sich zieht. Herr Schmidt aus dem Vertrieb ist sauer. Wie konnte ihr so ein Fehler passieren? Wütend geht er zu ihr und macht seinem Ärger Luft. Frau Müller fühlt sich unfair behandelt und möchte daraufhin nichts mehr mit Herr Schmidt zu tun haben.

Für ein zukünftiges Projekt sollen Frau Müller und Herr Schmidt nun zusammenarbeiten, damit Marketing und Vertrieb wieder am selben Strang ziehen. Der alte Konflikt ist aber noch nicht ausgetragen, die Stimmung im Team daher angespannt und unproduktiv. An dieser Stelle ist eine Mediation ratsam.

Dabei können beide Seiten ihre Gründe für ihr Handeln offenlegen und Verständnis für die Gegenseite erlangen. Nach der Aussprache begegnen sich die beiden wieder mit Respekt auf Augenhöhe und können gemeinsam produktiv am neuen Projekt arbeiten.

Jobrotation: Das Unternehmen aus einer anderen Perspektive sehen

Doch nicht immer sind es Konflikte, die am mangelnden Verständnis für das Arbeiten in anderen Abteilungen schuld sind. Oft ist es auch schlichtes Unwissen über die Tätigkeit anderer Mitarbeiter. Hierbei kann die sogenannte Jobrotation weiterhelfen.

Dabei tauchen Kollegen in neue Teams aus anderen Abteilungen ein. Sie belegen unterschiedliche Positionen und übernehmen eine Zeit lang verschiedenste Aufgaben. Das Ziel ist es, ein tieferes Verständnis für Herausforderungen und Möglichkeiten in verschiedenen Arbeitsbereichen zu erlangen. Ob der Rollentausch nur einen Tag, eine Woche oder gar einen Monat dauert, ist dabei immer von der Unternehmensstruktur abhängig.

Denn die Jobrotation ist kein günstiges Unterfangen. Mitarbeiter müssen in die neuen Bereiche eingearbeitet werden und fehlen am alten Posten. Außerdem ist dieses Vorgehen auch nicht auf allen Ebenen sinnvoll. Das Management sollte sich vorab Gedanken machen, welche Mitarbeiter in welche Abteilungen schnuppern dürfen, um den größten Mehrwert zu erzielen.

 

Ein Beispiel:
Frau Bäcker ist neu im Betrieb. Sie ist Expertin für kundenzentriertes Arbeiten und soll sich daher zukünftig um die Kundenbindung kümmern. Doch damit das gelingt, ist es wichtig, dass sie zunächst die unterschiedlichen Bereiche des Unternehmens kennenlernt. Denn nur, wenn sie die Abläufe von der Entwicklung, über die Produktion bis hin zum Marketing versteht, kann sie ihre Arbeit erfolgreich machen.

Daher verbringt sie jeweils zwei Tage in den verschiedenen Abteilungen. Sie schaut den Mitarbeitern über die Schulter, stellt Fragen und lernt die Herausforderungen kennen, mit denen die einzelnen Bereiche kämpfen. Wenn sie nun zukünftig Projekte mit Kund:innen plant, weiß sie genau, welche Abteilung sie wann um Hilfe bitten muss und wie die Zusammenarbeit ideal gelingen kann.

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Eine Quelle der Wahrheit vs. Silodenke: Wie das mit Daten geht? 

Effektivere Belohnungssysteme für mehr Zusammenhalt

Wie bereits erwähnt tragen auch die alten Belohnungssysteme zum Konkurrenzdenken zwischen den Abteilungen bei. Oft kommt es vor, dass nur einzelne Bereiche lobend erwähnt werden, wenn ein Ziel erreicht wurde – wenngleich viel mehr Abteilung im Hintergrund daran mitgewirkt haben. Dieses Vorgehen fördert Neid und kann in einem Kampf um Aufmerksamkeit enden.

Sinnvoller ist es, abteilungsübergreifende Belohnungssysteme zu schaffen. Ausschlaggebend sollte sein, wer in welchem Maß zum Erreichen des Unternehmensziels beigetragen hat. Sind mehrere Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen beteiligt, darf dieser Erfolg auch gemeinsam gefeiert werden. So stärkt man das Zusammengehörigkeitsgefühl und sendet zeitgleich das Signal, dass sich Engagement für jeden einzelnen auszahlen kann – ganz unabhängig von der eigenen Abteilung.

Durch Vernetzung Silodenken auflösen: Unternehmenswiki und Social Intranet

Ungleiche Wissensstände sind eine häufige Folge von Silodenken. Abteilung A behält ihr Wissen für sich, was das Arbeiten für Abteilung B unnötig erschwert. Sinnvoll ist es daher, einen gemeinsamen Wissensort zu schaffen, auf den alle Mitarbeiter zugreifen können.

Genau das ist ein sogenanntes Unternehmenswiki. Das Wiki ist ein Wissensspeicher für das gesamte Unternehmen. Anforderungen, Richtlinien und Ideen finden hier einen zentralen Platz. Bei Unsicherheiten werfen Teammitglieder einfach ein Blick ins Wiki und arbeiten anschließend mit diesen Informationen weiter.

Ein ähnliches Ziel verfolgt auch ein Social Intranet. Dabei handelt es sich um ein betriebsinternes soziales Medium zur Vernetzung. Dieses vereinfacht zum einen die abteilungsübergreifende Kommunikation. Aber auch die Zusammenarbeit wird durch das Social Intranet dank Tools wie digitalen Whiteboards und Voting Möglichkeiten vereinfacht.

Identifikation mit dem gesamten Unternehmen stärken

Der letzte Punkt scheint recht trivial, ist aber dennoch sehr wichtig: Je mehr sich die Mitarbeiter mit dem gesamten Unternehmen identifizieren, desto weniger findet Denken in Silos statt. Denn dann fühlen sich die Kollegen dem gesamten Team zugehörig, nicht nur der eigenen Abteilung.

Erreichen lässt sich diese Art des Unternehmenszusammenhaltes durch eine stimmige Corporate Identity und gemeinschaftlichen Veranstaltungen. Events wie Weihnachtsfeiern sollten nicht nur innerhalb von Abteilungsgrenzen stattfinden. Führungskräfte sollten Mitarbeitern aus verschiedensten Bereichen die Möglichkeit geben, einander kennenzulernen. Auf diese Weise wird die zukünftige Zusammenarbeit erleichtert und das Silodenken beigelegt.

Tschüss Silodenken: Das Unternehmen als Einheit

Silodenken beschreibt das Phänomen, dass jede Abteilung eine in sich geschlossenes Team darstellt und nichts von anderen Bereichen wissen möchte. Das erschwert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern hat oft auch Fehlentscheidungen aufgrund mangelnder Informationen zur Folge – der Erfolg des gesamten Unternehmens wird auf diese Beweise erschwert.

Sinnvoll ist es daher, in Maßnahmen zu investieren, die dem Silodenken ein Ende bereiten. Interdisziplinäre Teams und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit erleichtern Innovationen. Der ganzheitliche Überblick sorgt dafür, dass Bedenken und Herausforderungen aus verschiedenen Bereichen berücksichtig werden können. Auf diese Weise ermöglichen die Schnittstellen zwischen verschiedenen Abteilungen eine effiziente Zusammenarbeit.

André Wehr
André Wehr

MD tractionwise | Strategy, Data & Conversion