Churn Rate – so berechnest und reduzierst du die Abwanderung von Kund:innen
Wie es um die Kundenzufriedenheit oder noch besser um die Kundenbegeisterung bestellt ist, will jeder Marketer heute wissen.
Ein wichtiger Indikator hierfür ist die Churn Rate (Abwanderungsrate). Daher gehen wir in diesem Artikel auf diese Kennzahl ein.
Churn Rate - was ist es und worum geht es?
„Churn Rate“ setzt sich zusammen aus Change (Wechsel) und Turn (Abkehr). Die Churn Rate ist eine KPI, die die Kundenabwanderung in einem bestimmten Zeitintervall angibt. Sie wird üblicherweise monatlich, quartalsweise oder jährlich erhoben.
Im Detail beschreibt diese Kennzahl das Verhältnis zwischen Kund:innen, die aufhören, eine Dienstleistung zu beanspruchen, und der gesamten Kundenanzahl des Unternehmens.
Das Gegenteil der Churn Rate ist dabei die Retention Rate, also die Kundenbindungsrate. Beide Kennzahlen zusammenaddiert ergeben 100%, wenn sie über den gleichen Zeitraum erhoben wurden.
Was genau mit Kundenabwandern gemeint ist, kann verschiedene Bedeutungen haben. Beispiele hierfür sind:
- Kündigung eines Abonnements
- Deaktivierung oder Löschung eines Accounts von Seiten des Kunden
- Nichtverlängerung eines Vertrags
- Kundenentscheidung, einen anderen Onlineshop oder Dienstanbieter zu nutzen
So berechnest Du die Churn Rate
Willst du die Churn Rate berechnen, teile einfach die Zahl der Kundenverluste in einem Zeitintervall durch die Zahl der Gesamtkunden und multipliziere das Ergebnis mit 100, um einen Prozentwert zu erhalten.
Um das tatsächliche Kundenverhalten adäquat abzubilden, solltest du für die Gesamtkundenanzahl keinen Momentwert verwenden, sondern den Durchschnitt über den betrachteten Zeitintervall.
Die entsprechende Formel sieht demzufolge so aus:
(Kunden zu Beginn einer Zeitspanne MINUS Kunden zum Ende einer Zeitspanne) GETEILT DURCH Kunden zu Beginn einer Zeitspanne
Welche Churn Rate ist normal – wann solltest du handeln?
In keinem Unternehmen ist jede Kundin und jeder Kunde jederzeit vollkommen zufrieden, weshalb eine gewisse Churn Rate durchaus normal ist. Eine optimale, jedoch hypothetische, Abwanderungsrate liegt bei 0%. In der Realität sieht das natürlich anders aus.
Wie hoch deine Churn Rate sein darf, lässt sich nicht pauschal sagen und hängt in erster Linie von der Art deines Produktes oder deiner Dienstleistung sowie der Art deiner Kunden ab. Ein Geschäft, das regionale Lebensmittel verkauft und von Stammkundschaft lebt, sollte sich beispielsweise schon bei einer geringeren Rate Gedanken machen als ein Startup, dass eine SaaS-Lösung anbietet.
Besonders junge Startups aus dem SaaS-Bereich erfahren in den ersten ein bis zwei Jahren häufig hohe Abwanderungsraten und sollten dies einkalkulieren. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass das Produkt besonders in der Anfangszeit teils tiefgreifenden Veränderungen durchläuft, weil es stetig und iterativ verbessert und angepasst wird, was für schwankenden Customer Lifetime Value sorgt.
Um deine Churn Rate einschätzen zu können, kannst du dich an folgender Faustregel orientieren:
Eine „normale“ Churn Rate beträgt bis zu 10%, bei digitalen Angeboten größerer Unternehmen bis zu 15%. Als Ziel solltest du jedoch eine Abwanderungsquote von 5% im Auge behalten.
Beim Streaminganbieter Netflix (gem. Info aus Neil Patel’s Blog) lag die Churn Rate im Jahr 2018 bei bis zu 9%, was dem Erfolg jedoch nicht geschadet hat.
Das SaaS-Startup Buffer, das ein mittlerweile weit verbreitetes Social Media Management Tool anbietet, berichtet von einer Churn Rate im Bereich von etwa 5%.
Generell unterscheiden sich „übliche“ Churn Rates je nach Branche, nachfolgend findest du einige Beispiele zur Orientierung:
- Amerikanische Kreditkartenanbieter haben eine Kundenabwanderungsrate von ca. 20%
- Europäische Mobilfunkanbieter weisen eine Rate von etwa 20 – 38% auf
- SaaS Unternehmen berichten üblicherweise von Churn Rates im Bereich von 5 – 7% jährlich
- Retail Banken haben Raten von etwa 20 – 25%
Was dir die Kennzahl sagt – und was nicht
Die Churn Rate verrät dir, wie viele Kund:innen du über einen spezifischen Zeitraum tatsächlich hast und berücksichtigt dabei auch die abspringenden Nutzer.
Eine hohe Churn Rate sagt dir, dass sich dein Kundenstamm in nächster Zeit wahrscheinlich reduzieren wird. Bei diesen Überlegungen solltest du jedoch auch immer andere Faktoren wie Branche und Zeitraum im Hinterkopf behalten. Beispielsweise kann es für einen Onlineshop durchaus normal sein, dass seine Churn Rate nach Weihnachten ansteigt, da saisonale Kunden das Angebot nicht mehr benötigen.
Achtung!
Eine Churn Rate von mehr als 0% allein sagt nicht aus, dass Deine Kundenanzahl sinkt. Übersteigt sie jedoch ein gewisses Level, deutet sie auf drohenden Kundenverlust hin.
Kund:innen halten - Wie Du deine Churn Rate senken kannst
Die Churn Rate dient dir als Anhaltspunkt dafür, dass Kund:innen unzufrieden sind. Als wirtschaftliche Kennzahl kann sie dir jedoch nicht sagen, welche Gründe dafür verantwortlich sind. Die Ursachen können vielfältig sein, weshalb du ihnen gründlich nachgehen solltest. Nutze dafür, falls vorhanden, das Customer Relationship Management.
Maßnahmen zur Rückgewinnung und Neuakquise von Kund:innen können dabei helfen, die negativen Konsequenzen einer zu hohen Abwanderung zu reduzieren. Sie ersetzen aber natürlich nicht die Beseitigung der Schwachstellen, die für eine zu hohe Churn Rate verantwortlich sind.
Bevor du deinen Kundenstamm vergrößerst, solltest du deshalb die Ursachen für deine zu hohe Abwanderungsrate identifizieren. Betrachte dabei die gesamte Wertschöpfungskette. Schwachstellen können beim Kundenservice liegen, sowie in der gesamten Customer Journey inklusive aller verbundenen Lösungen und Prozesse.
Mögliche Faktoren für eine zu hohe Churn Rate können sein:
- Qualität und Umfang deiner angebotenen Leistungen
- Konkurrenz und Wettbewerb
- Kundenservice und Beschwerdemanagement
- Usability von Webseite bzw. Produkt
- Customer Journey
Tipps zum Umsetzen und Senken der Churn Rate
Folgende Anhaltspunkte können dir dabei helfen, deine Kundenzufriedenheit zu verbessern und somit die Kundenbindung zu erhöhen, was wiederum der Abwanderung entgegenwirkt:
>> Vermittle von Anfang an einen guten Eindruck
Sieht Dein Kunde bzw. Deine Kundin vom ersten Moment an Ergebnisse, wenn er dein Produkt oder deinen Service verwendet, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er sich nach anderen Möglichkeiten umsieht und eventuell abwandert. Je besser dein erster Eindruck, desto stärker das Commitment des Kunden.
>> Erfülle und übertriff die Erwartungen
Ein guter erster Eindruck allein reicht nicht. Du solltest die Erwartungen deiner Kund:innen stets erfüllen und wenn möglich übertreffen.
Versprich keinesfalls zu viel, um neue Kunden zu akquirieren und sei immer ehrlich damit, was deine Kunden erwarten können und was nicht.
>> Biete einen tollen Kundenservice
Dieser Punkt ist selbstverständlich, dennoch hat fast jeder schon einmal Erfahrungen mit schlechtem Kundenservice machen müssen. Eine Umfrage des Unternehmens ClickFox hat folgende Takeaways ergeben:
42% der Befragten gaben an, dass ihr frustrierendstes Erlebnis im Zusammenhang mit Kundenservice darin bestand, mehreren Mitarbeitern ihr Anliegen erneut erklären zu müssen
Nach einem negativen Erlebnis mit dem Support würden doppelt so viele Menschen ihr Erlebnis auf Social Media teilen (16%) wie nach einem positiven (8%)
82% der Befragten gaben einem Artikel von Zendesk zufolge an, dass sie bereits Bestandskunden waren, als sie aufgrund von schlechtem Kundenservice mit dem Unternehmen gebrochen haben.
Biete also jederzeit guten, freundlichen und verlässlichen Service. Sei dir bewusst, dass auch negative Erlebnisse einzelner Kunden in die Öffentlichkeit geraten können.
>> Höre deinen Kund:innen zu
Niemand kennt dein Geschäft besser als du? Falsch, deine Kunden schon. Hör immer genau auf das Feedback der User. So kannst du einerseits Kunden identifizieren, die kurz davor sind, abzuspringen und andererseits erkennen, an welchen Stellen die Nutzererfahrung oder andere Aspekte klemmen.
Wenn ein Kunde beispielsweise droht, deinen Service aufgrund eines zu hohen Preises zu kündigen, kann es durchaus sein, dass er gar nicht den vollen Funktionsumfang und somit Wert erkannt hat. Hier kann ggf. eine Änderung im User Interface oder in der Dokumentation helfen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass dein Preis tatsächlich zu hoch kalkuliert ist.
Vorsicht: hör auf das, was der Kunde tatsächlich sagt, nicht auf das, was du glaubst herausgehört zu haben.
>> Lass manche Kund:innen gehen
Bevor du möglicherweise aufwändige Maßnahmen ergreifst, um einzelne Kunden oder eine ganze Kundengruppe, die abzuwandern droht, zu retten, solltest du abwägen, ob sich dies tatsächlich lohnt. Folgende Fragen helfen dir dabei:
Wie viel Umsatz geht dir mit dem entsprechenden Kunden verloren? Lohnt es sich finanziell im Vergleich zu den Kosten, ihn zu retten?
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Anreiz oder eine Maßnahme mit dem Ziel, den Kunden zu halten, überhaupt Wirkung zeigt?
Erst, wenn diese Fragen beantwortet sind, solltest du ggf. Maßnahmen ergreifen, um Wechselwillige davon zu überzeugen, dein Produkt weiterhin zu verwenden.
>> Finde heraus, warum Kund:innen gehen
Auch, wenn es unangenehme Fragen bedeutet und du eingestehen musst, dass dein Produkt nicht perfekt ist: bitte abgewanderte Kunden um Feedback, um ihre Beweggründe zu erfahren. Stelle ihnen dabei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, etwa Multiple Choice, ein Textfeld oder auch eine „Wir vermissen dich“-Email. So kannst du allgemeine und möglicherweise auch spezifische Ursachen für Kundenverluste herausfinden.
Fazit
Die Churn Rate ist eine Kennzahl, die dir zeigt, wie groß das Verhältnis von verlorenen Kunden zu Gesamtkunden in einem spezifischen Zeitraum ist. Welche Abwanderungsrate in deinem Fall akzeptabel oder schon zu viel ist, hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Alter deines Unternehmens, der Art deines Produktes oder Dienstleistung sowie der Art deiner Nutzer.
Eine zu hohe Churn Rate ist ein Indiz für drohenden Kundenverlust, sagt aber nichts über die Ursachen aus. Sie bedarf weitergehenden Maßnahmen, um die Kundenzufriedenheit zu evaluieren und Schwachstellen aufzudecken.
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