Minimum Viable Product (MVP): Bringe Kundenfeedback und Produktentwicklung schnell und effizient zusammen
Eine Strategie dazu ist das Minimum Viable Product (manchmal auch Minimal Viable Product oder kurz MVP genannt).
Ein Minimum Viable Product ist kein Prototyp, sondern eine Technik des Pretotypings. Ja, richtig gelesen. Pretotyping verfolgt das Ziel, mit möglichst geringem Aufwand das Richtige zu bauen, anstatt zu versuchen, Dinge richtig zu bauen.
Make sure you are building The Right It before you build It right.
Alberto Savoia (Autor "Pretotype it") Tweet
Welche Vorteile das MVP für ein kundenzentriertes Entwickeln von Produkten in Dein Unternehmen bringen kann, liest Du in diesem Artikel.
Minimum Viable Product - geballtes Wissen im Überblick
Wie Du das Minimum Viable Product (MVP) in der kundenzentrierten Entwicklung von Produkten richtig einsetzt
Das MVP als ein Element neben anderen Pretotyping-Varianten wird heute bereits in nahezu jedem Unternehmen verwendet, das von ersten Anwendern von Lösungen schnell Feedback erhalten möchte.
Wie sieht nun ein Minimum Viable Product von der Definition her aus und welche Funktionen hat es?
Drei Hauptmerkmale eines MVP
- Es muss für die Early Adopter, also die ersten und frühen Anwender einen ausreichenden Nutzen bieten, um es zu kaufen und zu nutzen. Die Produktidee muss also von Anfang an überzeugen.
- Es zeigt den Early Adoptern eine Form künftiger Vorteile, um die langfristigen Benefits erkennen zu lassen, so dass diese an das Produkt gebunden werden können. Der Kernnutzen des Produkts sollte also überlegt und direkt bei Markteinführung erkennbar sein.
- Der wichtigste Aspekt ist die Feedback-Schleife, die als Richtungsgeber für die zukünftige Produktentwicklung dient und die Geschäftsidee weiter vorantreibt.
Das MVP fügt sich hervorragend in den Lean Startup Cycle von Eric Ries ein, in dem es darum geht, möglichst schnell und zusammen mit Kund:innen etwas zu bauen, zu messen und daraus kontinuierlich Feedbacks einzuholen, um daraus zu lernen. Damit entgehst Du mit Deinem Business dem Risiko, Lösungen zu entwickeln, die niemand benötigt. Indem Du eine Produktidee realisierst, ihren Funktionsumfang auf die Kundenbedürfnisse ausrichtest und das immer wieder validierst, gelingt es dir, eine Idee voranzutreiben, die wirklich Potenzial hat.
Den Lean Cycle findest Du hier in der folgenden Grafik abgebildet. Die Build-Measure-Learn Methode lässt Dich iterativ MVPs testen. Mehr zur Herangehensweise von Lean Startup erfährst Du hier.
Der Mehrwert eines Minimal Viable Products ist nun klar. Doch für welches Geschäftsmodell bzw. für welche Branchen eignet sich die Herangehensweise und ist wirklich brauchbar? In der Regel sind technische oder technologieorientierte Produkte für diese Art von Produktentwicklungsstrategie geeignet. Zu einer Entwicklungsstrategie mit einem Minimum Viable Product gehören im Kern drei Schritte:
Schritt 1
Erstelle ein einfaches und einzelnes Produkt, das eine sehr kleine Untergruppe der potenziellen Kundinnen und Kunden eines großen Problems für deine Zielgruppe löst.
Schritt 2
Während Du eine kleine Teilmenge kleinerer Probleme löst, um die Herausforderungen der Kund:innen zu bewältigen, wirst Du das größere und umfangreichere Problem lösen. Warum? Weil du ständig mit der Teilmenge deiner Kunden interagierst und dir Nutzerfeedbacks einholst.
Schritt 3
Erstelle mit Hilfe dieser Produktentwicklungsstrategie eine Vision und ein Nutzenversprechen für das künftige Endprodukt.
Wie Du ein kundenzentriertes Nutzenversprechen entwickelst erfährst Du hier.
Die heute existierenden Minimal Viable Products haben meist einen grundlegenden Fehler: Sie bilden nur die funktionale Ebene ab, vergessen aber dabei die Wichtigkeit für Kunden, was die anderen Ebenen wie emotionales Design, Usability und Verlässlichkeit als Kundenbedürfnisse angeht.
Wenn man sich nicht für das Produkt, das man auf den Markt gebracht hat, schämt, dann hat man es zu spät auf den Markt gebracht.
Reid Hoffman Tweet
AirBnB als Beispiel für Minimum Viable Products
Kurz nach dem Umzug nach San Francisco im Oktober 2007 konnten sich die Mitbewohner und ehemaligen Schulkameraden Brian Chesky und Joe Gebbia die Miete für ihre Loft-Wohnung nicht leisten. Chesky und Gebbia hatten die Idee, eine Luftmatratze in ihr Wohnzimmer zu legen und daraus ein Bed & Breakfast zu machen.
Das Ziel war zunächst nur, ein paar Dollar zu verdienen, wie sie in Interviews sagten. Aber dann erkannten sie, dass es eine Goldgrube sein könnte, Bed & Breakfast mit Kund:innen zu matchen. Sie stellten eine Website zusammen, hatten aber weiterhin Mühe, Leute zu finden, die ihre Plattform nutzen konnten. Das Unternehmen aus San Francisco hat sich daher entschlossen, die Zielgruppe von Craigslist anzusprechen. AirBnB bot zu Beginn, also in der Phase des MVP, Hausbesitzern die Möglichkeit, automatisch auf Craigslist zu posten, und erreichte mit dieser Kernfunktion viele potenzielle Nutzer.
Der Rest ist Geschichte. Heute, nach vielen Weiterentwicklungen ist AirBnB ein entscheidender Player im Markt für Urlaube, hat Riesenumsätze, zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels Quartalsumsätze in Q2 2019 von mehr als 1 Milliarde US Dollar. Das zeigt: Wer durch erste Tests beweist, dass seine Produktidee oder sein Service marktfähig ist, profitiert nicht unerheblich! Der Clou: Durch ein MVP lässt sich das Risiko minimieren, beim Markteintritt eine Schlappe zu erleiden. Schlicht und ergreifend, weil die Idee bereits in kleinerem Umfang definiert und getestet wurde.
Typen von Minimum Viable Products
In der Umsetzung und Ausgestaltung der MVP Vorgehensweise gibt es unterschiedliche Typen, die wir Dir gerne vorstellen.
- Concierge MVP
- Wizard of Oz MVP
- Landing Page MVP
- Email MVP
Doch wie unterscheiden sich diese Minimal Viable Products?
Concierge MVP
Concierge-MVPs umfassen die manuelle Unterstützung Deiner Benutzer beim Erreichen ihrer Ziele, um zu überprüfen, ob sie einen Bedarf an dem haben, was Du anbietest. Ein Produkt zu bauen ist nicht einmal nötig.
Manuel Rosso ist CEO von Food on the Table, einem Produkt, das sich auf die Erstellung von Einkaufslisten spezialisiert hat, die auf die Bedürfnisse und Vorlieben des Einzelnen zugeschnitten sind. Manuel hatte anfangs noch nicht einmal ein Produkt oder eine Website, weil er den Service für 10 USD pro Monat persönlich an Kund:innen verkaufte und dann die Rezepte und Einkaufslisten für sie persönlich erstellte, während er sie durch den Laden begleitete.
Wizard of Oz MVP
Dieses MVP vermittelt von außen einen gewissen Eindruck von Ihrer Lösung, aber die inneren Funktionen der Lösung sind tatsächlich etwas anderes. Manchmal wird Wizard of Oz auch als “Mechanical Turk” bezeichnet.
Ein gutes Beispiel hierfür ist Aadvark, der Q & A-Dienst, der Fragen an andere Benutzer weiterleitet, die Experten waren (über Instant Messaging-Routing). In der Anfangszeit haben die Mitarbeiter von Aadvark die Fragen nur manuell an alle Personen gesendet, die online waren, um zu sehen, wer antworten würde, und diese Antwort dann manuell an den Fragesteller zurückgesendet. Es gab keinen Algorithmus. Die Anfänge von Aadvark waren also ein Wizard of Oz MVP. Das Produkt wurde später so gebaut, dass es einen Algorithmus und eine entsprechende Funktionalität enthält.
Von außen sah dieses MVP wie ein voll funktionsfähiges System aus, aber alle Aufgaben, die automatisierte Systeme hätten erledigen müssen, wurden von einem Menschen erledigt. Dieser hat dadurch die Fragestellungen und Probleme der Nutzer iterativ besser verstanden und daraus konkrete sowie sinnvolle Erkenntnisse abgeleitet. Im Prinzip konnte so ohne große Risiken die Idee und ihre Funktionsfähigkeit umgesetzt und zunächst einzelne Aspekte validiert werden.
Landing Page MVP
Eine Landingpage ist eine einzelne Seite, die Dein Produkt oder Deine Dienstleistung beschreibt, Vorteile und das einzigartige Wertversprechen liefert und im besten Fall einen einzelnen Call to Action Button enthält, um die Reaktion der Besucher klar erkennen zu können.
Joel Gascoigne von Buffer testete auf einer Landingpage das Konzept für sein Produkt, welches zukünftig das Posting auf Social Media zum optimalen Zeitpunkt automatisiert. Joel erreichte 120 Anmeldungen und sprach 50 dieser Personen direkt an.
Hier zeigte sich, dass die Kundeninterviews einhergehen müssen mit einem smarten Marketing-Ansatz der Landingpage. Joel griff zum Telefon, um mehr darüber zu erfahren, was Kunden an seinem Wertversprechen liebten. Joel hatte ein paar Tage nach dem Start seines Produkts von dieser Liste einen zahlenden Kunden. So zeigt sich: Eine gewisse Agilität und geschicktes, zügiges Vorgehen lohnen sich!
Email MVP
Das Erstellen einer E-Mail ist viel einfacher als das Erstellen eines Produkts oder einer Funktion in einem Produkt. Wenn Du also auf eine bestehende Kundenbasis Zugriff hast, kannst Du zunächst einige E-Mails manuell erstellen, um festzustellen, wie die Reaktion auf eine mögliche Lösunsgs-Idee ausfällt. Ist diese positiv, kannst Du mit dem Erstellen der zugehörigen Produktfunktionen fortfahren.
Wenn Du erkennst, dass die meisten Personen die E-Mail öffnen, aber nicht auf den Call to Action klicken, kannst Du daraus schließen, dass das Wertversprechen nicht attraktiv ist.
Interessanterweise begann Ryan Hoover von Product Hunt damit, seine Idee per E-Mail an eine Liste von Personen zu senden. Nachdem er begeistertes Feedback erhalten hatte, wusste er, dass es sich lohnte, die Idee weiter zu verfolgen.
MVP’s sind für das Lean Startup Vorgehen prädestiniert und kommen dabei regelmäßig zum Einsatz. Möchtest Du mehr dazu erfahren, lies unseren Lean Startup Artikel.
Kundenzentriertes Entwickeln führt zu tiefen Insights über Deine Kund:innen
Das MVP hilft Dir und Deinem Unternehmen nicht nur dazu, neue Produkte oder Funktionen zu entwickeln, die mit Kund:innen gestaltet werden. Vielmehr bist Du in der Lage, existierende oder neue Kunden pragmatisch intensiver kennenzulernen.
Sehr hilfreich für die MVP-Entwicklung und noch viel tiefer gehender in die Organisationsentwicklung geht das exzellente Buch von Salim Ismael namens Exponentielle Organisationen: Das Konstruktionsprinzip für die Transformation von Unternehmen im Informationszeitalter. Sehr zu empfehlen.
FAQ - Weiterführende Information zu Minimum Viable Products
Der Begriff Minimum Viable Product wurde 2001 von Frank Robinson ins Leben gerufen und in den Folgejahren von Eric Ries, einem Studenten und Steve Blank, Customer Development Enthusiast und Dozent an der Yale University, als wesentliches Element der Lean Startup Methode verwendet.
Mehr zu Customer Development erfahrt ihr in diesem Artikel.
Ein MVP (Minimum Viable Product) ist ein schlankes und sehr minimales Produkt, welches zumindest bis zu einem gewissen Maß einen Kundennutzen erfüllt, um es so früh wie nur möglich am Markt mit und an seinen Kunden zu testen und anhand der Kundenfeedbacks kontinuierlich und Step-by-Step das Produkt weiterzuentwickeln. Dazu gehört es, Ideen auszuprobieren, weiterzuentwickeln und unter Umständen auch zu verwerfen.
Man könnte ein MVP auch als Schnittmenge zwischen einem “rohen Produkt ohne Kundennutzen” und einem “höchst brauchbaren Produkt, aber mit enormen Aufwand und Kosten” bezeichnen.
– Klarheit und Verständnis, ob es einen Markt für ein Produkt, ein neues Produktfeature oder eine Geschäftsidee gibt
– Schnelle Reaktion (Kundenfeedback) auf geänderte Bedürfnisse am Markt – unzensierte Wahrheit
– Risikominimierung in der Produktentwicklung und somit Vermeidung von unnötigen Kosten und Ressourcen (Personal zum Beispiel)
– Überprüfung eigener Annahmen und Hypothesen durch frühzeitiges Feedback vom Kunden. Eine Hypothese bleibt nur kurz eine Hypothese, bis sie möglichst zügig durch Kundenfeedback validiert oder verworfen wird. Scheitern ist also realistisch und Teil des Prozesses, dessen möglicherweise negativer Aspekt wird jedoch durch das extrem schnelle Lernen um ein Vielfaches überwogen.
– Kundenzentrierte Produktentwicklung; Produkt löst ein Problem / Probleme der Kunden
– Steigerung der Kundenloyalität, Gewinnung von Fürsprechern und Netzwerkern durch Beta-Testprogramme
Ein MVP oder auch MFP (ein minimal funktionsfähiges Produkt) kommt aus Lean Startup, entwickelt von Eric Ries.
Bei einem Minimum Viable Product geht es nicht darum, ein Produkt mit wenigen Funktionen, einem ästhetisch schönem Design oder Vorteilen zu erschaffen, sondern darum, mit minimalem Aufwand möglichst viel über das Produkt und den potenziellen Produktnutzern (Kunden) herauszufinden. So gelingt es, schneller zu agieren und bei der Markteinführung möglichst gut aufgestellt zu sein.
Die Herausforderung besteht darin, das „Minimum“ so zu definieren, dass das Produkt dennoch nutzbar, also „viable“ ist und so einen ersten Nutzen für Kunden liefert. Für die weitere Entwicklung ist das Customer Feedback elementar, denn ohne Kundenstimmen besteht für Unternehmen die Gefahr, Produkte lediglich basierend auf Annahmen und ggf. sogar Bauchgefühl und persönlichen Befindlichkeiten der Gründer/Unternehmer und somit am Markt vorbei zu entwickeln.Anders ausgedrückt: Ein Produkt, was niemand braucht.
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