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Problem Solution Fit: Du musst das Problem deiner Kund:innen verstehen

André Wehr
Egal ob Gründer, Startup oder etablierter Unternehmer: Bevor es an den Bau der „richtigen“ Lösung für deine Kunden geht, musst du zunächst einmal das „richtige“ Problem verstehen.

New products are inherently hard to launch because both the problem and solution are unknown.

Kund:innen und Nutzer:innen – ob im Business-Umfeld oder im Endkunden-Segment – wachen morgens nicht auf und wünschen sich ein neues Gadget oder einen wunderbaren Service für z. B. die Reinigung ihrer Wohnung. Vielmehr ist es Deine Aufgabe, dem Nutzer deutlich zu machen: Meine Idee kann genau das, was Du schon lange suchst. Ich habe das Produkt oder die Dienstleistung, die Deine Probleme löst.

Worum geht's bei Problem-Solution-Fit?

Für Gründungsunternehmen, Startups, aber auch größere Unternehmen, Mittelständler und Konzerne geht es beim Entwickeln neuer Lösungen zu allererst einmal darum, sich extrem gut in die Lage der Kund:innen versetzen zu können. Denn nur wer seine Zielgruppe kennt, weiß auch, was die Zielgruppe braucht. Extrem wichtig sind in diesem Zusammenhang Pains (Probleme) und Gains (Gewinne). Womit hat ein Kunde zu hadern? Was macht ihn zufrieden?

Wird ein Problem aufgedeckt und findet das Unternehmen unter verschiedenen Ansätzen diejenige Lösung heraus, die für Kunden bzw. Kundinnen einen wahrlichen Game-Changer bietet, dann spricht man von einem Problem Solution Fit. Verzichten Unternehmen auf die Prüfung des Problem Solution Fit, dann besteht ein hohes Risiko, dass Lösungen geschaffen werden, die später niemand haben möchte. Auf den Punkt gebracht heißt das: Deine Idee (Produkt oder Dienstleistung) sollte die Lösung für ein Problem Deiner potenziellen Kunden bieten.

Zuerst die Lösungsidee: Das Produkt kommt erst später

In der Phase der Problem Solution Fit Prüfung geht es (noch) nicht darum, ein konkretes Produkt zu testen – dafür ist es noch zu früh. Zunächst geht es nur darum, ob die Art der Lösung für Deine Zielgruppe attraktiv erscheint oder nicht.

Dafür reicht es aus, das geplantes Wertangebot in wenigen Sätzen zu beschreiben. Und das am besten ohne Features, großartiges Design oder technische Details. So einfach wie möglich.

Eric Ries, einer der Begründer der Lean Startup Methodik formuliert die Vorgehensweise hin zu einer Problem Solution Fitness wie oben gezeigt:

Haben Menschen überhaupt das Problem, das ich annehme?
Wie gehen sie das Problem heute an?
Liefert meine Lösung eine wirkliche Veränderung?

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kundenproblem, der eigenen Idee und der Problemlösung ist Pflicht und spart im Ernstfall bares Geld.

Fortschritts-Kräfte – die sogenannten Forces of Progress

Kund:innen sind in ihrem Alltag, ihrer natürlichen Umgebung und auch aufgrund ihrer Persönlichkeit Kräften ausgesetzt, die es Dir als Gründer, etablierter Unternehmer oder Marketer häufig undurchsichtig erscheinen lassen, was gerade im Kopf des Kunden vorgeht. Ein recht anschauliches Bild davon zeigen die 4 Forces of Progress.

Diese Kräfte für Fortschritt sind die emotionalen Kräfte, welche den Bedarf der Kunden nach einem Produkt erzeugen und formen. Sie können verwendet werden, um eine hohe Nachfrage nach einer Lösung für die JTBD (die Jobs to be done, also die zu erledigenden Aufgaben) des Kunden bzw. der Kundin oder die Nachfrage nach einem bestimmten Produkt zu beschreiben.

Zwei Gruppen von Kräften arbeiten gegeneinander, um den Kundenbedarf zu formen. Die erste Gruppe ist Push und Pull (Schieben und Ziehen). Dabei handelt es sich um diejenigen Kräfte, die zusammenarbeiten, um die Nachfrage zu generieren.

Die andere Gruppe sind Habit und Anxiety (also Gewohnheit und Angst). Dies sind die Kräfte, die zusammenarbeiten, um die Nachfrage wieder zu reduzieren. In der Mitte hast du den Kunden, der all diese Emotionen gleichzeitig erlebt.

Eine wunderbare Arbeitsgrundlage, um beim Erarbeiten des Problem Solution Fit strukturiert Fortschritte zu erreichen, hat Ash Maurya von LeanStack mit dem Customer Forces Canvas geschaffen.

Dieser beinhaltet zusätzlich zu den Customer Forces ergänzende Bereiche, die zunächst als Annahmen existieren, aber dann auch sehr schnell mit Interviews zu Problem und Lösung untermauert werden können.

Das Customer Forces Canvas

So geht es um das Erarbeiten folgender Elemente im Canvas, um mit einem Minimum an Zeit das Maximum über die Kräfte, die auf Kund:innen wirken zu erfahren:

  1. Das auslösende Event
  2. Der gewünschte Outcome
  3. Die bisherige Lösung
  4. Die Überlegungen für Alternativen
  5. Die neue Lösung
  6. Trägheit, die Kund:innen zurückhält
  7. Reibung, die im Weg steht
  8. Tatsächlicher Outcome – der Job dahinter
  9. Nächster Meilenstein

Das Canvas lässt sich einfach umsetzen. Gerade für Gründer bzw. Startups ohne großen finanziellen Spielraum bietet das Customer Forces Canvas die ideale Grundlage, um wichtige Insights zum Kundenproblem und der eigenen Lösung zu bekommen. So lässt sich die Basis für den Problem Solution Fit legen.

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Tour-Guide für deinen Problem Solution Fit kennenlernen?

Problem- und Solution-Interviews zum schnellen Validieren von Kunden „Blutdruck“

Die Arbeit zum Verstehen von Kundenbedarfen ist nur dann von Erfolg geprägt, wenn Du diese auch valide mit potenziellen Kunden durchführst.

Also nicht nur im stillen Kämmerlein an einem einsamen Canvas. Diese dienen im besten Fall als Dokumentationsgrundlage für gesammelte validierte und invalidierte Eindrücke von Kundenseite.

Für die eigentlichen Gespräche mit Kunden im Zuge des Customer Developments können Dir folgende Leitfäden helfen.

Problem Interview

Interviews, um den Jobs to be Done und damit zusammenhängenden Herausforderungen und Kräften auf den Grund zu gehen, lassen sich sehr gut mit folgender Struktur angehen.

Hier zunächst im ersten Schritt, um das Problem der Kund:innen aufzuspüren.

Solution Interview

Interviews, um die mögliche Lösung der harten Realität auszusetzen und Feedback dafür einzusammeln, lassen sich hervorragend mit folgender Struktur durchführen.

Lege los mit Deinen Problem-Solution-Interviews

Egal ob Gründer, Startup oder Mittelständler – wer neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln möchte, sollte auch einmal die Perspektive wechseln. Eine gute Möglichkeit, um dem Problem Solution Fit näherzukommen, ist ein Blick auf die Forces of Progress. Das heißt: Finde eine Antwort auf die Frage, was Deine Kund:innen bewegt.

Das geht am besten, indem Du mit einem und bestenfalls mehreren Nutzern über ihr Kundenbedürfnis sprichst:

  • Ergründe allgemeine Pains und Gains
  • Finde heraus, welche Probleme Deine Kundinnen und Kunden haben
  • Erwäge, wie Du ihnen mit Deinem Geschäftsmodell helfen kannst, diese Probleme zu lösen

Die Bearbeitung der Customer Forces Canvas hilft Dir, Dich Deinen Kunden schrittweise anzunähern. Interviews mit potenziellen Kunden oder Bestandskunden, die sich selbst eine Optimierung von Abläufen wünschen, vollendet das strategische Vorgehen beim Problem Solution Fit.

Fazit: Produkt und Kund:innen müssen zusammenpassen

Der Weg zum Problem Solution Fit ist ein Prozess, geprägt durch Gespräche mit (potenziellen) Kunden. Einige nützliche Werkzeuge für diesen Weg hast Du bereits in diesem Artikel kennengelernt. Den Product Solution Fit zu finden, ist ein erster Meilenstein bei der Produktentwicklung. Das ist nicht nur für Startups in der Gründung wichtig, sondern kann auch Mittelständlern und sogar Konzernen helfen, die sich bereits länger am Markt befinden.

Wichtig zu Wissen: Im Zuge eines Go to Markets ist aber Problem Solution Fitness zunächst nur der erste Schritt für die Entwicklung eines Geschäftsmodells. Danach steht dann die Validierung des Product-Market-Fit im Fokus. Denn das Produkt bzw. Deine Lösungsidee, um einem Kundenbedürfnis nachzukommen, muss nicht nur zum Kundenproblem, sondern auch in den Markt passen.

André Wehr
André Wehr

MD tractionwise | Strategy, Data & Conversion