Kundenzentrierung: Das musst du wissen, um die Kundenzentrierung in deinem Unternehmen kritisch zu hinterfragen
Vielmals sind es lang etablierte, gewachsene und somit gewohnte Strukturen im Unternehmen, die die eigene Organisation mit der Zeit in den Vordergrund stellen – den Fokus auf die Kundin oder den Kunden jedoch im Gegenzug verlieren.
In diesem Artikel findest Du Fakten und Hintergründe rund um das Thema Kundenzentrierung, die Dir helfen, die Customer Centricity in Deinem Unternehmen kritisch zu hinterfragen (und zu optimieren!).
Kunde ist König, Kundin ist Königin? Oder warum dreht sich immer alles um die Kund:innen?
Der Begriff der Kundenzentrierung ist in aller Munde und wird häufig gelobt. Dass der Kunde König ist, wird seit Jahrzehnten propagiert. Wir selbst bei tractionwise sind tatsächlich der Meinung, dass der Kunde nicht auf den Thron gesetzt, sondern vielmehr wie ein Partner auf Augenhöhe behandelt werden sollte.
Dennoch scheint die Relevanz von Customer Centricity nicht überall ganz oben auf der Tagesordnung zu stehen. Böse Zungen behaupten sogar, dass sich nur ein Bruchteil der Unternehmen weitreichende Gedanken um die eigenen Kunden und deren Wünsche und Bedürfnisse macht. Gerne greife ich an der Stelle nochmal das Selbst- und Fremdbild auf Kunden auf, wir sprechen dabei von einer “Empathie-Lücke”.
Fair enough: Denkt man einmal an die Servicefragen in der Warteschleife beim Telefonanbieter, die das Gespräch zum richtigen Ansprechpartner lenken sollen – jedoch schon Probleme haben, die Stimme zu verstehen. Oder an den miserablen Kundendienst bei der letzten Online-Retoure.
Dann wird deutlich: Kundenorientierung geht anders. Und auch im B2B-Bereich sind Unternehmen, die Customer Centricity leben, mehr die Ausnahme, denn die Regel.
Der wichtigste heute vernachlässigte Managementgrundsatz ist die Nähe zum Kunden. Seine Bedürfnisse zu erfüllen und seinen Wünschen zuvorzukommen: Darum geht es! Für allzu viele Unternehmen ist der Kunde zum lästigen Störenfried geworden. Sein unberechenbares Verhalten wirft wohldurchdachte strategische Pläne über den Haufen, seine Handlungen bringen die EDV durcheinander, und obendrein besteht er auch noch hartnäckig darauf, gekaufte Produkte müssten funktionieren!
Lee Young Tweet
Dabei betrifft kundenzentriertes Handeln übrigens nicht nur den direkten Kontakt mit der Kundin oder dem Kunden. Bereits die Ausrichtung des eigenen Angebots und die Schärfung der eigenen Dienstleistung oder des eigenen Produkts fällt unter das Thema Kundenzentrierung.
Was ist Kundenzentrierung überhaupt – und wie hilft mir das als Unternehmer?
Wer kundenzentriert handelt, richtet sein Unternehmen umfassend auf die Wünsche und Bedürfnisse seiner Kund:innen aus. Das hat aber nicht etwa zur Folge, dass Du Deine eigenen ökonomischen Interessen aus den Augen verlierst. Im Gegenteil: Customer Centricity hat das Ziel, Bedarfe von Bestands- und Neukunden zu ermitteln und sich als Organisation besser darauf auszurichten. Das ist bares Geld wert und hilft Deinem Unternehmen, Alleinstellungsmerkmale zu etablieren. Das führt letztlich zu (größeren) wirtschaftlichen Erfolg.
Warum ist das nötig? Weil sich Kund:innen einerseits von ihrer traditionellen Rolle emanzipieren. Der Internetnutzer von heute hat durch die Digitalisierung die Möglichkeit, Preise global zu vergleichen, Leistungen überall anzufragen und Rezensionen in den sozialen Medien und Bewertungsportalen nachzulesen. Gleichzeitig geraten immer mehr Unternehmen mit ihrem traditionellen Geschäftsmodell an die Grenzen. Neue Lösungen müssen her – und wer hier das Rad nicht neu erfindet, sondern Mehrwert schafft und etwas anbietet, was der Kunde wirklich braucht, gewinnt ebenso.
Kurzum: Kundenzentrierung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Dein Unternehmen. Die faktisch „sichtbare“ Organisation als solche verliert durch den Kundenfokus und damit einhergehende benötigte Anpassungsbereitschaft an Bedeutung, auch wenn viele Unternehmer das nicht gerne hören. Doch Kundenzentriertheit erlangt man weder innerhalb eines Tages, noch hält diese einfach so ewig an – Customer Centricity ist ein dauerhafter, das Unternehmen begleitender iterativer Prozess.
Warum ist das wichtig? Als Paradebeispiel gilt häufig das Unternehmen Kodak, das zu spät den flächendeckenden Bedürfniswechsel seiner Kunden hinsichtlich der Digitalfotografie erkannt hat und letztlich völlig vom Markt getilgt und insolvent wurde – ähnlich verhält es sich beim Handyhersteller Nokia beim Aufkommen von Smartphones. Wir sprechen gerne vom sog. “Kodak-Moment”.
Der Buzzword-Dschungel – Usability, User Experience und Customer Experience
Immer mehr englische Worte prägen unseren Sprachgebrauch im geschäftlichen Kontext. Häufig kommen sie aus der Startup-Welt, die bisweilen kritisch beäugt wird. Blickt man aus mittelständischer Perspektive auf Startups, so kommen häufig Zweifel am Geschäftsmodell auf. Das ist nachvollziehbar, aber nicht immer gerechtfertigt. Denn gerade Startups haben wenig traditionelle Ressourcen zur Verfügung. Das macht Innovation und neuartige Denkansätze sogar zwingend notwendig.
Wie unterscheiden sich User Experience und Customer Experience?
Usability
Die Usability bezeichnet die Nutzerfreundlichkeit eines Produkts. Kann der Anwender das Produkt im vorgesehenen Kontext gut und sinnvoll nutzen, so ist die Usability hoch. Das ist die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Produkt.
User Experience (UX)
Die User Experience, auch mit UX abgekürzt, geht noch eine Stufe weiter. Sie indiziert die Nutzererfahrung und das Nutzererlebnis. Ist ein Onlineshop zum Beispiel stringent aufgebaut oder ist die Gebrauchsanleitung eines Elektrogeräts nachvollziehbar und optisch ansprechend aufbereitet, ist das Nutzererlebnis positiv.
Customer Experience (CX)
Die Customer Experience bezeichnet die Erfahrungen Deiner Kund:innen mit Deinem Unternehmen. Großartige Kundenerlebnisse versprechen langfristigen Erfolg. Denn: Zufriedene Kund:innen kommen gerne wieder, begeisternde Kunden empfehlen Dich weiter.
Und hier schließt sich der Kreis: Positive Kundenerlebnisse gestaltest Du nur, wenn Du die Aktivitäten in Deinem Unternehmen auf den Kunden ausrichtest – und sie eben nicht ihrer selbst wegen durchführst.
Erst die Kundin / der Kunde, dann das Unternehmen
Wie erwähnt, kommt es nicht nur darauf an, dass der Kundenservice Deines Unternehmens kundenzentriert handelt. Kundenbelange gehen nicht nur Marketing, Sales, Vertrieb und Customer Care etwas an! Nur wenn alle im Unternehmen an einem Strang ziehen und die Kundin bzw. der Kunde an jedem Touchpoint mit Deinem Unternehmen erfährt, dass er an erster Stelle steht, erzielst Du langfristig Erfolg, dies betrifft jeden einzelnen, für Dein Unternehmen agierenden Mitarbeiter inkl. aller Betriebsprozesse.
Customer Centricity muss im gesamten Unternehmen einen hohen Stellenwert besitzen und von jedem Mitarbeiter tagtäglich gelebt werden. Nur so wird das Konzept schlüssig, authentisch und funktioniert schließlich. Insbesondere in großen Unternehmen sind die Verantwortlichkeiten klar geregelt. Strukturierte Abläufe und feste Schemata haben große Vorteile im Hinblick auf Effizienz – für individuelle Kundenanliegen ist dabei oft wenig Platz. Das sind keine guten Aussichten für Kundenzentrierung.
There is only one boss. The customer. And he can fire everybody in the company from the chairman on down, simply by spending his money somewhere else.
Sam Whalton Tweet
Kundenzentrierung im eigenen Unternehmen leben: 8 bewährte Ansätze, mit denen wir von tractionwise arbeiten
Immer wieder fragen uns Kund:innen, welche Methoden am effektivsten sind, um mehr Kundenzentrierung im eigenen Unternehmen zu etablieren. Dafür ist es notwendig, zunächst einmal herauszufinden, wer Deine Kunden überhaupt sind und wie Du ihnen mit Deinem Produkt oder Deiner Dienstleistung weiterhelfen kannst. Bevor Du kundenzentriert handeln kannst, musst Du mehr über Deine Kunden lernen. Die folgen Ansätze haben sich für diesen Prozess bewährt:
1. Lean Startup: Schnelle Produktentwicklung und iterativer Prozess
Lean Startup ist eine von Eric Ries im Startup-Kontext entwickelte Methode, um Projekte, schnell, schlank und kundenzentriert umzusetzen. Durch den Launch eines Produkts, das zunächst nur Minimalanforderungen erfüllt, ist es möglich, wertvolle Rückschlüsse für die Zukunft zu ziehen.
- Kommt das Produkt so an?
- Was fehlt?
- Wie kann ich das Produkt besser machen?
Damit Lean Startup funktioniert, ist beständiges Messen und Evaluieren unumgänglich. Wer jedoch am Ball bleibt, kann mit dieser Methode ressourcenschonend neue Produkte auf den Markt bringen. Wichtig: Lean-Management kann immer eingesetzt werden, auch wenngleich Du dich jetzt vielleicht fragst, naja, wir entwickeln doch gar keine neuen Produkte. Es geht vor allem um das stetige Experimentieren, Lernen und Optimieren und wieder von vorne.
2. Customer Empathy: Lerne Deine Kund:innen besser kennen
Bei der Customer Empathy geht es darum, Deine Kund:innen, ihre Wünsche und Bedürfnisse sowie ihre Sorgen und Ängste besser kennenzulernen. Wenn Du weißt, was sie bewegt, kannst Du Dein Angebot genau auf ihre Bedarfe ausrichten. Ob Du nun eine Buyer Persona erstellst oder eine Customer Empathy Map entwickelst – wichtig ist, dass die Erkenntnisse nicht bloß blanke Theorie sind. Sie sollten keinesfalls bloß Deine Wunschvorstellungen widerspiegeln, sondern „echte“ Kunden in den Blick rücken.
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3. Kundenentwicklung: Wer sind meine Kunden und was brauchen sie?
Auch bei diesem Ansatz steht die Kundin oder der Kunde mit seinen Bedürfnissen im Vordergrund. Ziel von Kundenentwicklung ist es, das eigene Kundenprofil zu schärfen. Das ist zum Beispiel dann notwendig, wenn Du eine Lösung entwickelt hast, ihr Potenzial siehst, aber noch nicht genau weißt, wer davon am meisten profitiert. Das Vorgehen bei Kundenentwicklung lässt sich in vier Phasen einteilen:
- Customer Discovery: Hier geht es darum, Probleme, Bedürfnisse und Herausforderungen der eigenen Kunden zu verstehen. Das funktioniert am besten, wenn Du Dich selbst zurücknimmst und potenzielle Interessenten oder Kunden zu Wort kommen lässt. Zum Beispiel in Interviews.
- Customer Validation: In dieser Phase ist bereits klar, wer zur Zielgruppe gehört und wie Deine Lösung ihr Problem beseitigen kann. Nun geht es darum zu beweisen, dass sich Deine Lösung als handfeste Geschäftsidee verkaufen lässt.
- Customer Creation: In Phase 3 steht der Aufbau von Kundenbeziehungen im Mittelpunkt. Du findest eine Strategie und legst fest, auf welchem Markt Du mit Deinem Geschäftsmodell operierst.
- Company Building: Produkt und Kunden sind definiert. Jetzt gilt es, das Unternehmen – Deine Organisation – um diese beiden Eckpfeiler herum aufzubauen. Existiert bereits eine Firma, so modifizierst Du die Strukturen.
Customer Development hat das Ziel, Produkte und Services im Dialog mit der Kundin bzw. dem Kunden zu entwickeln. So erschaffst Du von Beginn an kundenorientierte Strukturen.
In dem Artikel erfährst Du mehr über Customer Development, was es ist und wie es funktioniert.
4. Buying Center: Den Entscheiderkreis differenziert betrachten
Das Buying Center gilt als leistungsfähiges Konzept für den Verkauf Deines Services oder Deiner Dienstleistung. Als Buying Center – auch Entscheidungseinheit oder Decision Making Unit (DMU) genannt – bezeichnet man alle, die am Kaufprozess Deines Produkts beteiligt sind.
Der Entscheiderkreis besteht insbesondere im B2B-Geschäft aus verschiedenen Personen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Trittst Du an sie heran, solltest Du genau wissen, wen Du mit welchem Argument überzeugst. Denn: Der Anwender Deines Produkts hat andere Wünsche und Bedürfnisse als der Einkäufer eines Unternehmens.
In dem Artikel erfährst Du mehr über das Buying Center, was es ist und wie es funktioniert.
5. Marktsegmentierung: Kenne Teilmärkte, auf denen Du optimal operieren kannst
Um ein Produkt oder einen Service zu platzieren, solltest Du nicht nur den Gesamtmarkt kennen, sondern auch mit den Teilmärkten vertraut sein. So gelingt es Dir, Unterschiede zwischen Deinen Kund:innen zu identifizieren, woraus Du Schlussfolgerungen für Marketing und Sales ziehen kannst.
6. Value Proposition Design: Dein individuelles Nutzenversprechen entwickeln
Die Value Proposition ist Dein individuelles Nutzen-, Wert- und Leistungsversprechen. Kurzum: Über die Value Proposition vermittelst Du Interessent:innen und Kund:innen, wieso sie gerade bei Dir kaufen oder Deine Dienstleistung in Anspruch nehmen sollten. Die Value Proposition ist die Essenz Deiner Geschäftsidee und muss daher glasklar und prägnant formuliert werden. Dein Nutzerversprechen ist der Kern Deiner Arbeit und Leitmotiv für alle Marketing- und Sales-Aktivitäten und wird im Value Proposition Design entwickelt.
Brauchst Du noch mehr Input? Dann lies gerne unseren Artikel zur Entwicklung der Value Proposition.
7. Sales Battlecard: Alleinstellungsmerkmale auf einen Blick
Wenn Du ein Nutzerversprechen entwickelt hast, kannst Du Sales Battlecards anfertigen. Darunter versteht man prägnante Dokumente, die folgende Punkte auf einen Blick zusammenfassen:
- Verkaufsbotschaften
- Produktinformationen
- taktische Wertversprechen
In Summe helfen Sales Battlecards Deinem Vertrieb, im Verkaufsgespräch die Alleinstellungsmerkmale Deines Unternehmens hervorzuheben. Im Hinblick auf die Konkurrenz kannst Du Sales Battlecards auch mit den Marketingstrategien von Wettbewerbern anreichern, damit Dein Vertriebsteam genau weiß, welche Argumente beim Kunden noch mehr Wirkung erzielen.
8. CRM Audit & Optimierung: Wie steht es um mein Customer Relationship Management?
Unter Customer Relationship Management (CRM) versteht man die systematische und strategische Optimierung der Kundenbeziehungen im gesamten Unternehmen. Dabei geht es sowohl um die qualitative als auch um die quantitative Verarbeitung von Kundendaten. Als wichtiges Steuerungsinstrument dienen CRM-Softwares, die selbstredend kontinuierlich gepflegt werden müssen.
Ziel von CRM Analyse & Optimierung ist es, erfolgreiche Kundenbeziehungen zu schaffen, was schließlich in einer höheren Kundenbindung resultiert. Bei einem CRM Audit nimmst Du das bisherige Customer Relationship Management in Deinem Unternehmen in den Fokus. Anhand vorab festgelegter Kriterien prüfst Du, ob bzw. wie das CRM optimiert werden kann. Das durchbricht verkrustete Silo-Strukturen und richtet Dich intensiv auf Kund:innen und deren Journey aus.
Fazit: Warum Kundenorientierung immer wichtiger wird
Kundenorientierung und Kundenzentrierung nehmen einen immer größeren Stellenwert ein. Unternehmen, die ihrer selbst Willen agieren, stoßen schon bald an ihre Grenzen. Ein guter Grund, umzudenken.
Gerne unterstützen wir Dich als Berater und Sparrings-Partner dabei, Kundenbedürfnisse zu identifizieren und die Unternehmensstrategie langfristig auf mehr Kundenzentrierung auszurichten. Gemeinsam mit Dir entwickeln wir ein maßgeschneidertes Konzept und einen Methoden-Mix, der zu Dir und Deinem Unternehmen passt.
Falls Du denkst wir beraten nur, falsch gedacht. Wir sind leidenschaftliche Optimierer & Umsetzer und gehen da hin, wo es weh tut, glaub mir.
MD tractionwise | Behavioral Data & UX